„Azubi or not to be“

41.000 Ausbildungsstellen blieben 2015 unbesetzt

Azubi-Mangel wird für viele Unternehmen und Standorte zu einem immer größer werdenden Problem. Seit Jahren steigt die Anzahl der unbesetzten Ausbildungsplätze – eine Entwicklung, die den bestehenden Fachkräftemangel erhöht und Ausbildungsstandorte gefährdet. Eine Entwicklung, von der man heute schon weiß, dass sie noch Jahre weiter gehen wird. Warum es in Zukunft für viele Betriebe „Azubi or not to be“ heißen könnte und warum Studienabbrecher eine immer interessantere Zielgruppe für Arbeitgeberkommunikation werden, lesen Sie hier.

von Torsten Sälinger

(Frankfurt am Main, 27.April 2016) Betriebe in Deutschland haben laut Berufsbildungsbericht 2016 der Bundesregierung zunehmend Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. So stieg die Anzahl der unbesetzten Ausbildungsplätze ab 2009 von 17.255 auf 40.960 im Jahr 2015 kontinuierlich an (2009: 17.255; 2010: 19.605; 2011: 29.689; 2012: 33.274; 2013: 33.738; 2014: 37.101; 2015: 40.960, Quelle: Bundesagentur für Arbeit). Mit fast 41.000 unbesetzten Ausbildungsstellen (+10,4 Prozent) verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit 2015 beim Azubi-Mangel den Höchststand an unbesetzten Stellen seit 1996.

Eine Image-Frage

Auffällig dabei ist, dass es Großbetrieben im Vergleich mit kleineren Unternehmen leichter gelingt, Ausbildungsplätze zu besetzen. Der Berufsbildungsbericht 2016 sieht hierfür eine Erklärung darin,

„dass Großbetriebe bei jungen Menschen eine größere Attraktivität als Ausbildungsbetrieb genießen und ihnen darüber hinaus auch mehr Mittel für Rekrutierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Dabei könnte auch die wahrgenommene Attraktivität der angebotenen Ausbildungsberufe oder das Image des Unternehmens eine Rolle spielen.“

Ein Nachteil, der im immer stärkeren Wettbewerb um die Schulabgänger, für Betriebe zur existenziellen Gefährdung werden kann, da ihnen nicht nur die Azubis von heute, sondern in Folge dessen auch die Fachkräfte von morgen fehlen werden.

Potential für duale Berufsausbildung sinkt

Durch den Geburtenrückgang nimmt seit etwa Mitte der 2000er Jahre die Zahl der Schulabgänger bei den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland ab. Während 2006 noch 946.800 Schüler die allgemeinbildende Schule verließen, waren es 2015 nur noch 811.000. Das entspricht einem Rückgang um 14,3 Prozent. Die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger, welche das Hauptklientel der dualen Berufsausbildung darstellen, sank im gleichen Zeitraum sogar überdurchschnittlich um 22,2 Prozent von 696.800 auf 542.000. Gleichzeitig stieg die Zahl der studienberechtigten Schulabgängerinnen und Schulabgänger um 7,6 Prozent.

Entwicklung Schulabgänger Westdeutschland

Quelle: Berufsbildungsbericht 2016, S.46

Westdeutschland von Azubi-Mangel besonders betroffen

Die Prognose zeigt, dass Unternehmen besonders in Westdeutschland vor großen Herausforderungen stehen, ihren Fachkräftebedarf auch künftig sicher zu stellen. Aus Sicht der Bildungspolitiker stellen unbesetzte Ausbildungsstellen nicht nur ein temporäres Problem der jeweiligen Ausbildungsjahre dar. Es muss befürchtet werden, dass sich Betriebe, die wiederholt ihre angebotenen Ausbildungsstellen nicht besetzen können, dauerhaft aus der dualen Berufsausbildung zurückziehen. Darauf deutet auch die gesunkene Ausbildungsbetriebsquote von 24,1 Prozent im Jahr 2007 auf 20,3 Prozent im Jahr 2014 hin.

Weiter sinkende Schulabgängerzahlen

Seit 2013 liegt die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger in Deutschland höher als die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger in der dualen Berufsausbildung. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist die duale Berufsausbildung jedoch unverzichtbar. Besonders bei Fachkräften mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung wird es in Zukunft zu Fachkräfteengpässen kommen, da in den kommenden Jahren besonders viele Fachkräfte mit mittlerem Qualifikationsniveau aus dem Erwerbsleben ausscheiden werden. Diese Lücke kann nur durch die duale Berufsausbildung geschlossen werden.

Verstärkt wird die Entwicklung dadurch, dass in den kommenden Jahren die Schulabgängerzahlen weiter deutlich sinken werden. So werden 2025 voraussichtlich über 90.000 nichtstudienberechtigte Schulabgänger weniger die allgemeinbildenden Schulen verlassen als 2015 (Quelle : KMK, Statistisches Bundesamt, Berechnungen des BIBB).

Studienabbrecher als Potentialträger

Aus diesem Grund muss immer mehr auf die Gewinnung von Studienabbrechern für die duale Berufsausbildung gesetzt werden. Nach Berechnungen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) bricht mehr als jeder vierte Bachelorstudent  (28 Prozent) das Studium ab. In Bachelorstudiengängen an Universitäten ist die Studienabbrecherquote mit sogar 33 Prozent um zehn Prozentpunkte höher als an Fachhochschulen (23 Prozent).

Mit der dualen Berufsausbildung wird den Studienabbrechern die Chance auf einen qualifizierten Berufsabschluss gegeben. Gleichzeitig bietet sich hier für die Betriebe ein Bewerberkreis, der flexibler als jüngere Schulabgänger bei der Ausbildungsortwahl ist und auch für heimatfernere Standorte aufgeschlossen ist.

Zielgruppe Azubis und Studienabbrecher


Es wird in den kommenden Jahren eine Herausforderung für alle Unternehmen sein, Azubis und Studienabrecher für ihre Standorte zu gewinnen. Mittelgroßen und weniger bekannten Unternehmen wird es nur mit geeigneter Kommunikation gelingen, in Zukunft ausreichend Auszubildende und damit spätere Fachkräfte in ihre Betriebe zu bekommen. Mehr zum Thema Arbeitgeberkommunikation >

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